16. September
HILFE! Unser Weindepot quillt über. Ich glaube inzwischen, dass wir eine abartig ausgeprägte Form von Helfersyndrom entwickelt
haben. Wir ziehen Charterboote in Lücken, bringen Zweitanker für fremde Boote aus, legen Hilfsleinen von Bug zu Bug, entfernen per
Dingi aufgefischte Ketten aus Ankern, schließen heruntergewirtschaftete Batterien an unseren Stromgenerator an... und das Ergebnis:
Wir könnten mit all dem Wein, den uns dankbare Skipper herüber gereicht haben, inzwischen locker eine Stegparty geben.
Ägina. Am Stadtkai ist alles voll, auch am Pier gegenüber ist kein Platz mehr. So legen wir uns an die Stirnseite eines notdürftig
zusammengeflickten Schwimmstegs mit dem Schild "NO MOORING" (Aber das kümmert hier sowieso keinen). Am Abend laufen noch
etliche Charterboote ein und ziehen etwas ratlos im Hafenbecken ihre Kreise. Es dämmert schon, wir winken das erste Boot neben
uns heran. Dann noch eines in zweiter Reihe vor uns. Während sich das dritte Boot ins Päckchen legt ist Thomas bereits mit dem
Dingi unterwegs um einem anderen Segler zu helfen, der mit seinem Anker eine schwere Kette gefischt hat. Bis er zurück ist, haben
wir vier Boote um uns versammelt. Norweger, Dänen, Iren, Deutsche. Wirklich verrückt. Am Stadtkai wäre jede Menge Platz, sich in
zweiter Reihe ins Päckchen zu legen. Aber solange dort keiner den Anfang macht steuern alle lieber an den "NO MOORING"-Steg. Wir
finden's nett - auch wenn Pia jedes Mal ziemlich beleidigt dreinschaut, weil so viele fremde Leute über "ihr" Schiff an Land klettern.
Das soll hier nun nicht verkehrt verstanden werden: Es geht uns nicht um Rotwein! Wir sind sowieso Biertrinker, deshalb häufen sich
ja die Flaschen so an. Der Grund für unser Verhalten beruht auf eigenen Erfahrungen, wenn man Hilfe braucht oder einfach nur ein
freundliches Winken: Hier könnt ihr Anlegen. Wir waren
hilfsbereiten Skippern selbst schon äußerst dankbar (unsere Champagnerflaschen, die wir von der Hochzeit in Dinkelsbühl noch mit an Bord genommen hatten, haben dabei den Besitzer
gewechselt). Und gleichzeitig haben wir auch das Gegenteil erlebt, wenn wild vom Bugkorb aus gestikuliert wird: Kommt bloß dem
Schiff nicht zu nahe!
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