Kalamata  Januar 2004
21. Januar 2004
In Kalamata kehrte für eine Woche der Winter ein: In der Nacht gab’s Bodenfrost, auf den Bergen lag Schnee und der Wind blies ziemlich eisig vom Norden herunter. Zwischen den Wolkenfetzen hindurch schien relativ häufig die Sonne, im Windschatten konnte man tagsüber durchaus Frühlingsgefühle bekommen.

Seit heute ist Südwestwind angesagt, das bedeutet: Wir bekommen Wind, Wärme und Sand aus Afrika, die Wellen brechen sich an der Hafenmauer, spritzen auch teilweise darüber und die Unity schaukelt mit dem Schwell im Hafenbecken fröhlich vor sich hin. Das heißt dann beim Klavierspielen: Virtuosere Stücke lieber meiden – die Trefferquote bei Sprüngen sinkt rapide, bei schnelleren Läufen wird man ruck zuck aus der Kurve getragen und wenn von oben noch ein paar Regentropfen durch die Luke sickern und auf den Tasten landen hat man ein pianistisches Aquaplaning.

In den letzten Tagen ringe ich mich dazu durch, endlich konsequent zu arbeiten. Die erste Hälfte der Handlung des Kindermusicals steht einigermaßen fest, die geniale, zündende Idee fehlt noch – ich warte auf eine Eingebung. Vergeblich. Der vorwurfsvolle Blick von Pia wegen der ausgefallenen Spaziergänge hilft mir auch nicht weiter. Also versuche ich es als kleine Zwischenübung mit einem Lied. Ein Geburtstagslied soll es werden, für Mama, mit ganz vielen lieben Wünschen. Der Text geht überraschend schnell, ich finde ihn ok, Thomas enthält sich eines Kommentars. Jetzt also noch die Musik dazu und das ganze mit dem Klavier einspielen  – das dauert schon etwas länger, ist jedoch schließlich auch geschafft. Kommentar des heißgeliebten Gatten: Etwas „hupfert“, zu brav, bisschen einfallslos. Nun, was Besseres fällt mir eben gerade nicht ein und so tippe ich Text und Melodie unverdrossen in den Computer. Gerade beim Abspeichern, zwei Sekunden bevor ich die o.k.-Taste erreicht habe, fällt für 10 Sekunden der Strom aus. Also das Ganze nochmals, und jeder Schritt abgespeichert. Nach einer Stunde und fünf weiteren Stromausfällen ist das Lied eingetippt und meine Geduld etwas angeknackst. Doch der Tatendrang ist noch vorhanden. Jetzt also zur Musik das Lied noch über Mikro dazusingen. Beim ersten versuchten Ton fährt Pia erschreckt von ihrem Platz auf und schleckt mir voll durchs Gesicht. Es hört sich erbärmlich an, ich bin stockheißer. Jede Bemühung, etwas Erkennbares hervorzubringen, endet in heißer Luft und unfreiwilligem Jodeln. Pia winselt höchst beunruhigt und will schließlich von Bord. Die gerade durch Griechenland schleichende Grippewelle hat mir sämtliche Töne verschlagen, ich gebe es auf, koche mir eine Kanne Grüntee und kuschle mich mit einem Martha-Grimes-Krimi aufs Sofa.
  Erlebnisberichte 2004

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