Kalamos - Lefkas     25. - 27. Juli 2004
25. Juli 2004
Wir fahren weiter zur Insel Kalamos, Hafen Kalamos. Die Stadt liegt steil am Berg gebaut, der Weg ins Zentrum ist Leistungssport. Beim Abend"Spaziergang" lesen wir am Postgebäude: Geöffnet Mo - Fr von 7.30 - 14.00 Uhr. Klasse, denke ich, da kann ich ja am nächsten Morgen, wenn mich Pia wieder aus dem Bett bettelt, gleich beim Morgensport einen Brief aufgeben. Kurz nach halb acht Uhr stehe ich vor dem Gebäude: Eisengitter herunter gelassen, Totenstille, weit und breit niemand zu sehen. Ich spaziere mit Pia steil bergauf durch engste Gassen und halbfertige oder schon wieder zerfallene Häuser. Zwischendrin auch bewohnte Gebäude, wo gerade auf der Terrasse gefrühstückt wird. Ein paar Hundert Meter über Hafenhöhe steht ein Golf-Caddy im Vorgarten, beim Abstieg kommt in einer steilen engen Gasse ein Geländemotorrad entgegen. Um 8.45 Uhr starte ich den zweiten Versuch, den Brief bei der Post los zu werden: Geschlossen. Doch der Wirt von der Taverne nebenan erklärt mir: Deca, deca. Aha, um 10 Uhr also wird geöffnet. Dritter Anlauf um 10.15 Uhr: Immerhin ist nun an einer Seite schon das Eisengitter hochgezogen, die Türe jedoch gut verschlossen. Man kann in das Innere sehen und ich bekomme meine Zweifel, ob in diesem Postamt jemand in der Lage ist, einen Brief Express nach Deutschland zu schicken. Während ich da so stehe, kommt mir von der Taverne der Postbeamte entgegen: Ich solle in einer Stunde wieder kommen, da wäre dann geöffnet. 
Wir beschließen, den Brief doch lieber am nächsten Tag in Lefkas aufzugeben und fahren weiter.
26. Juli 2004
Auf der Fahrt von Kalamos nach Lefkas haben wir Starkwind von hinten , 6-7 Bft. Allein mit Sturmsegel macht die Unity 5 - 6 Knoten, wir segeln 2/3 der Strecke und holen vor dem Kanal von Lefkas das Segel ein. Rückwärts anlegen ist in Lefkas wegen 6 Bft. Seitenwind fast unmöglich, wir machen längsseits am Stadtkai fest. Da dieser Platz allerdings am nächsten Tag von der Tankstelle benötigt wird und für die Nacht und den nächsten Tag wieder Starkwind, Gewitter und Regen gemeldet ist verlegen wir uns am Abend, als der Wind nachgelassen hat, in die Marina - neben Peter und Heide, die schon 3 Stunden vor uns von der nördlichen Richtung angekommen waren und stundenlang gegen Wind und Welle anmotoren mussten. Marinas bedeuten: Luxus von Duschen, Wasser + Strom am Steg - allerdings auch dementsprechend teuer bezahlt.

Mein Morgenspaziergang am nächsten Tag führt in einer Regenpause zum Postamt in Lefkas. Im Gebäude ist es ziemlich dunkel, kein einziges Licht weit und breit. Ich zweifle schon daran, den Brief hier los zu werden, doch auch in vielen anderen Geschäften herrscht Dämmerung. Wahrscheinlich eine Folge des starken Gewitters in der Nacht. Mutig gehe ich zum Schalter und reiche den Umschlag hinüber: Express, Germany, bitte. Die Frau hinter dem Schalter schaut mich an, als hätte ich von ihr Pommes mit Currywurst verlang, doch sie blättert tapfer in einem Katalog. "3,50 kostet das", würde ich am liebsten sagen, doch ich weiß, sie versteht kein Wort Englisch - und ich immer noch kaum etwas auf Griechisch. Nach spannungsvollen Minuten kommt der Kopf wieder hinter dem Schalter hervor und sie meint: "tessera Euro". 4 Euro? Ich zögere etwas. Eine CD zu verschicken kostete bisher immer 3,50. Sie denkt, ich verstehe sie nicht und blickt hilfesuchend durch das Amt. Da springt von hinten ein kleines Mädchen her und verkündet mir ganz stolz: "Four Euro". Ich zahle, grinse sie an, sie grinst zurück, tippt sich kurz mit dem Finger an die Stirn: "Köpfchen!"

Der Abend wird lang: Ein Charterboot hatte neben uns festgemacht (über das Anlegemanöver schreibe ich lieber nichts) und eine österreichische Rechtsanwältin klagt uns bis halb drei Uhr nachts über die Reeling hinweg ihre Todesängste auf dem Segelschiff.
Man stelle sich folgende Situation vor: Charterboot, ein älterer Herr Mitte 60 (eigentlich der Skipper), seine 20 Jahre jüngere, Freundin (Ehefrau in spe), 4 Teenager (2 Mädchen und 2 Jungen, die irgendwie zur Freundin des Skippers gehören) und die mit der zukünftigen Gattin befreundete Rechtsanwältin mit Mann. Skipper auf dem Boot spielen die beiden 16-jährigen Knaben, denen der ältere Herr das Boot überlässt und sich derweil lieber mit der Freundin beschäftigt. Die Jungs legen das Schiff bei 7 Bft mit Vollbesegelung harakiri-mässig in die Welle, jubeln über jeden halben Knoten, den sie aus der Bavaria noch herausholen können und spielen voll auf "cool". Die Rechtsanwältin stirbt derweil fast vor Angst, doch dem älteren Herrn (eigentlich der Skipper) ist es viel wichtiger, bei der Jugend Eindruck zu schinden, indem er sich besonders lässig gibt. Über so viel Verantwortungslosigkeit schütteln wir nur noch den Kopf und raten der verängstigten Frau (eine erfahrene Hochseeanglerin), ihre Kreditkarte zu nehmen und von Bord zu gehen. Über das Ablegemanöver am nächsten Tag schreibe ich lieber auch nichts ...
  Erlebnisberichte 2004

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